0

Ökonomie der Zerstörung

Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus

Erschienen am 14.07.2008
18,95 €
(inkl. MwSt.)

Nicht lieferbar

In den Warenkorb
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570550564
Sprache: Deutsch
Umfang: 928 S., 35 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 4.4 x 21.6 x 13.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Ein Meilenstein der NS-Forschung Adam Tooze entwirft in seiner fulminanten Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Wirtschaft eine neue Sicht auf die Geschichte des 'Dritten Reichs' und den Zweiten Weltkrieg. Er weist nach, dass Hitlers Weg zur Macht, seine 'Erfolge' vor 1939 und alle seine Entscheidungen während des Kriegs stets von wirtschaftlichen Interessen mitbestimmt wurden. Die Vorstellung, das 'Dritte Reich' sei gleichsam ein unaufhaltsamer Panzer gewesen, angetrieben von einer heiß laufenden Wirtschaft, galt lange Zeit als eine zentrale Erklärung für den Verlauf der Geschichte des Nationalsozialismus. Doch diese Grundannahme ist falsch, wie Adam Tooze überzeugend zeigen kann. Deutschland war nie stark genug, um Europa zu beherrschen und England, die Sowjetunion oder gar die USA dauerhaft zu besiegen. Richtig jedoch ist, dass wirtschaftliche Überlegungen die nationalsozialistische Politik ab 1933 stark beeinflusst haben. Hitlers Weltbild war nicht nur politisch und rassenbiologisch, sondern in hohem Maße auch ökonomisch geprägt. Deutschland sollte nicht nur eine militärische, sondern auch eine wirtschaftliche Supermacht werden, koste es, was es wolle. Dieser rücksichtslose Plan war von vornherein zum Scheitern verurteilt, doch vermochte er den halben Kontinent zu verwüsten und Millionen von Menschenleben zu vernichten. Mit seinem Buch legt Adam Tooze eine Geschichte der Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschland vor, die einen neuen Blick auf das Herrschaftssystem des 'Dritten Reichs' und den Verlauf des Zweiten Weltkriegs eröffnet. Die erste umfassende Wirtschaftsgeschichte des 'Dritten Reichs'. Ein Standardwerk.

Leseprobe

Wie war das möglich? Im Jahr 1938 begannen die Machthaber des 'Dritten Reiches' den zweiten blutigen Vernichtungsfeldzug Deutschlands im Laufe von kaum einer Generation. Zuerst schien es, als sei Hitlers Wehrmacht unaufhaltsam, besser vorbereitet und aggressiver als die Armee des Kaisers. Doch während Hitler von Sieg zu Sieg stürmte, mehrten sich auch seine Feinde. Zum zweiten Mal stieß Deutschland mit seinem Anspruch auf die Beherrschung des europäischen Kontinents gegen eine Mauer. Im Dezember 1941 befand sich das 'Dritte Reich' nicht nur mit dem Britischen Empire und der Sowjetunion, sondern auch mit den Vereinigten Staaten im Krieg. Es sollte zwar noch drei schreckliche Jahre und fünf Monate dauern, doch der Untergang von Hitlers Regime kam, und er war weit verhängnisvoller als die Katastrophe, die das Kaiserreich ereilt hatte. Deutschland und weite Gebiete Ost- und Westeuropas lagen in Trümmern. Polen und die westliche Sowjetunion waren praktisch ausgeweidet. Frankreich und Italien schlingerten gefährlich nahe am Bürgerkrieg entlang. Den britischen, französischen und niederländischen Mächten war irreparabler Schaden in ihren Kolonien zugefügt worden. Die Tage Großbritanniens, Frankreichs und der Niederlande als Kolonialmächte waren gezählt, und als die Welt von dem unglaublichen Genozid erfuhr, den das 'Dritte Reich' verübt hatte, wurde die einst so zuversichtlich beanspruchte Überlegenheit der europäischen Zivilisation ein für alle Mal in Frage gestellt. Wie war das möglich? Menschen machen ihre eigene Geschichte. Auch der Ausgangspunkt für die Darstellung des nationalsozialistischen Reiches muss letztendlich immer der menschliche Wille sein - der individuelle wie der kollektive. Wenn wir die schrecklichen Taten des 'Dritten Reiches' begreifen wollen, dann bleibt uns nichts anderes als der Versuch, die Täter zu begreifen. Wir müssen Adolf Hitler und seine Anhänger ernst nehmen. Wir müssen bestrebt sein, in ihre Denkweisen einzudringen und die dunklen Zwischenräume in ihrer Ideologie zu kartieren. Nicht umsonst war die Biografie - die individuelle wie die kollektive - von jeher eine der erhellendsten Möglichkeiten, das 'Dritte Reich' zu studieren. Doch wenn der Satz 'die Menschen machen ihre eigene Geschichte' stimmt, dann stimmt auch, was Karl Marx weiter schrieb: 'aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.' Aber welche Umstände sind damit gemeint? Zur ziemlichen Überraschung aller, die Marx für einen simplifizierenden ökonomischen Deterministen hielten, ergänzte er seinen berühmten Aphorismus nicht mit einer Abhandlung über die Produktionsweise, sondern mit der Aussage, dass die 'Tradition aller toten Geschlechter. wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden' laste. Weltgeschichtliche Personen, 'wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen', beschwören 'ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste' und entlehnen 'ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen'. Hitler und seine Spießgesellen haben jedenfalls gewiss in einer derart selbstgestalteten Welt gelebt. Deshalb hat es auch seinen guten Grund, dass sich die jüngsten Schriften über das 'Dritte Reich' so ausschließlich mit Politik und Ideologie befassen. Die Kulturkrise Europas im beginnenden 20. Jahrhundert, das Vakuum, das von den säkularisierenden Tendenzen des späten 19. Jahrhunderts hinterlassen wurde, die radikalisierenden Schrecken des Ersten Weltkriegs - all das bedarf der Aufmerksamkeit eines Historikers, wenn er ernsthaft die tieferen Motive des Nationalsozialismus ausloten will. Wie sonst sollten wir ein Regime begreifen, dessen zentrales Ziel die Vernichtung des europäischen Judentums war? Das damit einen Plan verfolgte, dem es scheinbar an jeglicher ökonomischer Logik mangelte? Das damit ein Projekt Leseprobe